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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

Collected Essays on Drama 1889–1900
GA 29

Automated Translation

Magazin für Literatur 1898, Volume 67, 40

91. “Napoleon” or “The Hundred Days”

Play in five acts by Chr. D. Grabbe. Adapted for the stage by O.G.Flüggen
Performance at the Belle-Alliance-Theater, Berlin

Despite his size, Napoleon has only half the dramatic character. His greatness is presented to us in a too simple image. The only thought of power rises in our minds when we visualize this man. And beside this power, everything that has been accomplished by it seems more or less indifferent. It is impossible to devise a dramatic plot with Napoleon at its center that would create the kind of chain of events that dramatic art requires. We are always tempted to admire the strength of Napoleon's will in everything he does and not to concern ourselves with the content of his actions. As certainly as Grabbe felt the greatness of Napoleon, his imagination could not give this greatness a dramatic form. Indeed, it seems as if power had a one-sided effect on Grabbe's work in this drama and suppressed all other abilities of the dramatist. Grabbe wrote without regard to what is dramatically and theatrically possible. Instead of a dramatic development, we have a series of scenes which are held together almost solely by the time sequence and the character of the hero. And we don't let them affect us for their own sake, but rather take an interest in them because we believe we can learn something about a strong personality through them. O.G. Flüggen has adapted the drama for the stage. He has too narrow a concept of what is possible and effective for the stage. He has saved far too little of Grabbe's work for the play he has made of it. Nevertheless, I have found that even in this watered-down form the drama is still highly enjoyable. It is definitely to Georg Droescher's credit that he brought it to the stage as well as he could with the artistic means at his disposal.

«NAPOLEON ODER DIE HUNDERT TAGE»

Schauspiel in fünf Aufzügen von Chr. D. Grabbe. Für die Bühne bearbeiter von O.G.Flüggen
Aufführung im Belle-Alliance-Theater, Berlin

Napoleon hat trotz seiner Größe nur die Hälfte eines dramatischen Charakters. Seine Größe stellt sich uns in einer zu einfachen Vorstellung dar. Der einzige Gedanke der Kraft steigt in unserem Kopfe auf, wenn wir uns diesen Mann vergegenwärtigen. Und neben dieser Kraft erscheint alles mehr oder weniger gleichgültig, was durch sie vollbracht worden ist. Es läßt sich keine dramatische Handlung mit Napoleon in der Mitte ersinnen, die im Fortgange eine Kette von Begebenheiten aufwiese, wie sie die dramatische Kunst braucht. Wir sind immer wieder versucht, bei allem, was Napoleon tut, die Stärke seines Willens zu bewundern und uns um den Inhalt seiner Handlungen nicht zu kümmern. So gewiß Grabbe die Größe Napoleons gefühlt hat: seine Phantasie konnte dieser Größe keine dramatische Form geben. Ja, es scheint, als wenn auf Grabbes Schaffen bei diesem Drama die Kraft in einseitiger Weise gewirkt und alle andern Fähigkeiten des Dramatikers zurückgedrängt hätte. Ohne Rücksicht darauf, was dramatisch und theatralisch möglich ist, hat Grabbe gedichtet. Statt mit einer dramatischen Entwickelung haben wir es mit einer Reihe von Szenen zu tun, welche fast nur durch die Zeitfolge und die Person des Helden zusammengehalten werden. Und die wir durchaus nicht um ihrer selbst willen auf uns wirken lassen, sondern denen wir ein Interesse abgewinnen, weil wir glauben, durch sie von einer starken Persönlichkeit etwas zu erfahren. O.G.Flüggen hat das Drama für die Bühne bearbeitet. Er hat einen zu engen Begriff von dem Bühnenmöglichen und Bühnenwirksamen. Von Grabbes Werk hat er viel zu wenig herübergerettet in das Theaterstück, das er daraus gemacht hat. Dennoch habe ich gefunden, daß das Drama selbst noch in dieser Verwässerung einen hohen Genuß bietet. Es ist entschieden ein Verdienst, daß es Georg Droescher auf die Bühne gebracht hat, so gut er es mit den ihm zur Verfügung stehenden künstlerischen Mitteln gekonnt hat.